Entscheidungen in der Adventszeit
Wir alle müssen tagtäglich unzählige Entscheidungen treffen. Manchmal geht es um die geeignete Literatur. Manchmal um den Umgang mit der Inflation.
Seit einigen Wochen muss ich eine Entscheidung treffen, und zwar darüber, was ich anlässlich des Lebendigen Adventskalenders in unserer Gemeinde vorlesen werde. So habe ich bereits Ende November den heimischen Bücherschrank auf der Suche nach geeigneter Literatur gesichtet. Kurz und auf den Punkt – so dachte ich. Bislang bin ich nicht fündig geworden. Etwa zwanzig Sammlungen von Gedichten, Erzählungen und Kurzgeschichten habe ich bereits verworfen – auch das vielversprechend klingende „Weihnachten mit Thomas Mann“: Dahinter verbirgt sich die Sammlung der aus diesem wiederkehrenden Anlass an Familienmitglieder geschriebenen Briefe des Literaturnobelpreisträgers. Nun, wohl nicht umsonst steht das Buch in der zweiten Reihe meiner Bücherwand. Da mir allerdings noch ein paar Tage bis zu meinem Einsatz bleiben, weiß ich, dass ich nicht mit leeren Händen dastehen, sondern noch etwas finden werde. Druck hilft – zumindest bei mir.
Auch die EZB muss sich entscheiden
Wir alle treffen täglich eine Unmenge von Entscheidungen. Und auch wenn wir vermeintlich keine Entscheidung treffen, treffen wir eine: nämlich die, die Entscheidung aufzuschieben. So ist die Europäische Zentralbank unter Führung ihrer Präsidentin Christine Lagarde seit Monaten gefordert zu entscheiden, ob sie auf die in vielen Ländern der Euro-Zone steigenden Inflationsraten mit Zinserhöhungen antworten will. Ihr Zaudern begründet die EZB damit, dass sie sich nicht sicher sei, ob die hohen Inflationsraten von Dauer sein werden.
Die Verantwortung, die die Notenbank trägt, ist groß. Fraglich ist nämlich, ob die hochverschuldeten Mitgliedsländer der Eurozone mit steigenden Zinsen perspektivisch zurechtkämen. Denn höhere Zinsen belasten die Staatshaushalte und bremsen Investitionen. Das wiederum dämpft die Konjunktur und das Steueraufkommen. Zudem lassen höhere Zinsen den Euro als Anlagewährung in Relation zu anderen Währungen attraktiver erscheinen und folglich seinen Wechselkurs steigen – was die Exportchancen europäischer Unternehmen reduziert und damit ebenfalls die Konjunktur dämpft.
Auf der anderen Seite stehen zig Millionen europäischer Bürger und Unternehmen, die im Angesicht steigender Preise ihr Geld täglich an Kaufkraft verlieren sehen. Das kann erhöhte Lohnforderungen der Gewerkschaften nach sich ziehen und somit zu den bei Ökonomen berühmt-berüchtigten Zweitrundeneffekten bei der Inflation führen. Dann bekäme die EZB möglicherweise die Sicherheit, die sie sucht – aber ob das im Sinne des Erfinders bzw. des Bürgers ist, darf bezweifelt werden.
Ein wenig erinnert mich die EZB an einen Arzt, der sich nicht sicher ist, ob er ein Medikament mit Nebenwirkungen verordnen soll, um den heftigen Husten des Patienten zu behandeln, und der deshalb wartet – mit dem Risiko, dass sich der Husten zu einer Lungenentzündung auswächst.
Die Auswirkungen der Inflation auf Sparer
Aufgrund der drohenden Inflationsgefahren sollten wir Normalsterbliche uns jedenfalls intensiver mit unseren Geldanlagen beschäftigen. Eine jährlich wiederkehrende Frage ist die, wie ich mit dem 13. Monatsgehalt umgehe, dem sogenannten Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Ich weiß von Freunden, dass deren Ziel jedes Jahr aufs Neue ist, das Geld beiseite zu legen. Aber ist dann dieses Mehr an Mitteln auf dem Girokonto eingegangen, löst es sich auf, es diffundiert geradezu. Da hilft meiner eigenen Erfahrung nach nur eins: sofort weg damit!
Was tun mit dem Weihnachtsgeld?
Sobald die Gutschrift Ihres Arbeitgebers angekommen ist, sollten Sie sich den Gutschriftsbetrag aus dem Vormonat ansehen und dann die Differenz, das „Zuviel“, überweisen. Entweder auf ein separates Konto oder – wenn es langfristig wirken soll – gleich auf Ihr Fondsdepot.
Dann besteht nämlich – wenn Sie Aktien und Edelmetalle in Ihren Anlagemix integrieren – die Chance, dass Sie die langfristigen Auswirkungen der Inflation abmildern können.
Edelmetalle versprechen einen gewissen Schutz, weil sie nicht beliebig vermehrbar sind. Die von der EZB Monat für Monat aufgepumpte Geldmenge sollte sich deshalb langfristig in einem höheren Preis für Gold & Co. niederschlagen. Und Aktien eignen sich, weil Unternehmen den Preisdruck, den sie bei Löhnen und Vorprodukten spüren, in Form höherer Preise für ihre Waren und Dienstleistungen an ihre Endabnehmer weitergeben können.
Legen Sie Ihr Weihnachtsgeld direkt an
Das 13. Gehalt können SIGNAL IDUNA Depotkunden mit dem Erhöhungsauftrag ganz einfach in ihr Depot einzahlen.
Zum FormularNatürlich kann man sich auch entscheiden, die Entscheidung über den Umgang mit dem 13. Monatsgehalt noch etwas aufzuschieben. Allerdings sollte man das meiner Überzeugung nach nicht in der Hoffnung tun, dass die EZB bezüglich der Inflation aktiv werden wird.
Denn das Präsidium der EZB scheint seine Entscheidung bereits getroffen zu haben: Die Verschuldungsmöglichkeiten der Euro-Staaten günstig zu halten wirkt wichtiger als die Preise stabil zu halten. Eine Bekämpfung der Inflation mittels höherer Zinsen ist deshalb auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.
Manchmal spielt einem das Schicksal allerdings in die Hände. Ich für meinen Teil habe heute erfahren, dass ich die Entscheidung für meinen Literaturbeitrag dieses Jahr nicht mehr treffen muss. Denn bedauerlicherweise wurde der Lebendige Adventskalender mit Blick auf die sich verschärfende Corona-Pandemie abgesagt.
Weihnachten, so deutet sich an, wird dieses Jahr also nicht wieder vollumfänglich zur Normalität zurückkehren. Sicherlich schadet es nicht, zwischen die Marzipankugeln und Zimtsterne auch ein paar Schnelltests zu legen – Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien, dass Sie trotz allem ein frohes Fest begehen können und gesund bleiben. Ich freue mich auf ein Wiederlesen im neuen Jahr,
mit herzlichen Grüßen aus Hamburg,
Ihr Wolff Seitz