Marktkommentar: Edelmetall Gold
Herr Lehrer, ich weiß was! Warum Gold es dieser Tage so schwer hat, Gehör zu finden.
- Anlagealternativen scheinen attraktiver
- Unterschiedliche Richtungen und Geschwindigkeiten von EZB und FED
- Realzinsen gleichwohl weiterhin negativ
Schüler kennen diese Situation: Seit gefühlt zehn Minuten melden sie sich, ungeduldig schnippend, die ausgestreckte Hand hin- und herschwingend; sie sind überzeugt, die richtige Antwort zu kennen – aber der Lehrer schaut wiederholt an ihnen vorbei und nimmt stattdessen ihre Mitschüler der Reihe nach dran.
So ähnlich geht es – und das nicht erst seit zehn Minuten, sondern einigen Monaten – Anlegern, die die Goldposition in ihrem Depot betrachten und sich fragen, wann der Markt bitteschön erkennt, dass Gold die richtige oder zumindest eine richtige Antwort auf die Fragen dieser Zeit ist.
Inflation ist wieder ein Thema geworden
Denn Fragen halten die aktuellen Verhältnisse durchaus bereit. Die drängendste und für die Motivation vieler Goldanleger sicherlich entscheidendste ist die nach der Entwicklung der Inflation und der Zinsen. Dass beide nicht mehr zwingend in dieselbe Richtung marschieren müssen, sollten Anleger der Eurozone in den nunmehr zwanzig gemeinsamen Jahren mit der EZB verinnerlicht haben: Geldwertstabilität steht in der Agenda der EZB nicht mehr auf dem vordersten Platz.
Insofern ist es nicht verwunderlich, dass der Realzins, also das, was einem Zinsgläubiger nach Abzug der Inflation bleibt, sich in der Eurozone in den vergangenen Monaten stärker in den negativen Bereich entwickelt hat. Auf der anderen Seite des Atlantiks sieht die Situation ähnlich aus – allerdings sendet die FED deutliche Signale, ihren geldpolitischen Kurs im Anblick von Inflation und Konjunktur verschärfen zu wollen.
Zinserwartungen der Marktteilnehmer divergieren
Betrachtet man die Erwartungen der Marktteilnehmer an die Entwicklung der Inflation, so steigt diese Erwartung seit dem Tief zu Beginn der Corona-Pandemie für die Eurozone wie für die USA um jeweils rund einen Prozentpunkt an. Damit werden jedoch gerade einmal wieder die Niveaus der Jahre 2017 und 2018 erreicht. Die jüngsten harten Fakten und die gefühlte Inflation liegen unterdessen deutlich höher. Gleichwohl halten es die Marktteilnehmer für nicht unmöglich, dass die EZB ihre Zinsen sogar weiter leicht senken könnte. Von der FED wird unterdessen eine zaghafte Zinsanhebung erwartet.
Was bedeuten diese unterschiedlichen inflationären wie geldpolitischen Geschwindigkeiten für den von Gold überzeugten Anleger? Die Realzinsen dürften weiter auseinanderdriften und dem US-Dollar zusätzlichen Auftrieb verleihen, was bei ansonsten unveränderten Annahmen den in US-Dollar notierten Goldpreis drücken sollte. Für den in Euro rechnenden Gold-Anleger bliebe das aufgrund des parallelen Währungsgewinns zunächst ohne Konsequenzen.
Ob es abseits der zins- bzw. währungsinduzierten Goldpreisbewegung zu einem Impuls für die Wertentwicklung des Edelmetalls kommt, wird das tatsächliche Nachfrageverhalten bestimmen.
Entscheidende Impulse verhindern die Anlagealternativen
Dieses wird in weiten Teilen durch die Anlagealternativen beeinflusst. Dazu zählen derzeit vor allem Aktien, die als ebenso liquider und kleinteilig handelbarer Sachwert gelten. Die abnehmende Volatilität in Verbindung mit einer seit bald achtzehn Monaten anhaltenden Aufwärtsbewegung vermittelt Aktienkäufern ein Bild reduzierter Risiken – und lässt die Notwendigkeit, das eigene Portfolio auch in Richtung Gold zu diversifizieren, in den Hintergrund treten.
Insofern bedarf es hier wohl zunächst eines Erweckungserlebnisses in Form eines kräftigen Kursrückgangs, bevor überzeugte Goldanleger erwarten dürfen, dass der breite Markt ihre Einschätzung hinsichtlich der Relevanz des Edelmetalls teilt.
Das aber sollte niemanden stören. Denn Gold ist als Unfallversicherung für das eigene Depot eine dauerhafte Antwort auf die Fragen, die Wirtschaft, Politik und das Leben über die Jahrhunderte gestellt haben. Die Bedeutung des Wissens um die richtige Antwort auf die Frage des Lehrers reicht hingegen selten über die jeweilige Schulstunde hinaus.
Der Autor ist im Fonds- und Portfoliomanagement der SIGNAL IDUNA Asset Management tätig und verantwortet unter anderem den Goldfonds HANSAgold und den Edelmetall-Mischfonds HANSAwerte.
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Die SIGNAL IDUNA Asset Management GmbH mit Sitz in Hamburg wurde 2003 gegründet und ist ein Unternehmen der SIGNAL IDUNA Gruppe. Sie bündelt und koordiniert alle Aktivitäten im Portfoliomanagement für die einzelnen Unternehmen der Gruppe. Seit 2003 ist sie für das Management der Publikumsfondsfamilie HANSAfonds zuständig. Darüber hinaus stellt die SIGNAL IDUNA Asset Management ihren Kunden vielfältige Services sowie Vertriebs- und Marketingdienstleistungen rund um das Thema Finanzen zur Verfügung. Sie ist zudem Trägerin eines Haftungsdachs für den Investmentvertrieb innerhalb der SIGNAL IDUNA Gruppe.
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