Frauen sind besonders oft von Altersarmut betroffen

Stefanie Haermeyer
5 Min. Lesezeit

Für Frauen, im Besonderen für Mütter, wird das Thema Altersvorsorge immer wichtiger. Dass die gesetzliche Rente allein nicht reicht, um den Lebensstandard im Alter zu sichern, wissen die meisten inzwischen. Doch warum sind gerade Frauen doppelt oder sogar dreifach gefordert, wenn es um ihre Altersvorsorge geht?

Veröffentlicht am 28. Februar 2023

Junge Frau küsst und umarmt ihren Sohn draußen an einem sonnigen Tag

Um es vorweg zu nehmen: Die Ursachen der weiblichen Altersarmut sind vielfältig und werden sich so schnell auch nicht ändern. Darum ist es wichtig, sie zu kennen und vor allem: sie nicht zu ignorieren. Viele Frauen sind betroffen! Und deren Männer, wenn Paare gemeinsam den Ruhestand genießen, übrigens auch.

Männer denken über das Problem der drohenden Altersarmut von Frauen weniger nach, weil sie nicht direkt betroffen sind. Viele werden das erste Mal damit konfrontiert, wenn ihre Töchter nach langer Ausbildung (und ggf. teurem) Studium stolz ihren ersten Lohnzettel zeigen: Spätestens dann merkt auch der Papa, warum Equal Pay* mittlerweile so ein großes ein Thema ist.

* Equal Pay heißt übersetzt Gleiche Bezahlung und ist eine gesetzliche Regelung im Rahmen des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.

Ursachen der weiblichen Altersarmut

  1. Der Gender-Pay-Gap, die branchenübergreifende Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, beträgt 21 Prozent beim durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn. Das liegt zumeist daran, dass Frauen oft in sogenannten Frauenberufen, zum Beispiel im sozialen Bereich, der Betreuung oder Pflege, also per se in schlecht bezahlten Branchen tätig sind. Aber selbst der bereinigte Wert, also bei komplett identischen Voraussetzungen in den gleichen Berufen, verdienen Männer immer noch 6 Prozent mehr als Frauen, einfach nur aufgrund des Geschlechtsunterschiedes.
     
  2. Mit dem ersten Kind gehen Frauen oft in Elternzeit und arbeiten danach in Teilzeit. Ihr Gehalt ist dann geringer als bei Vollzeitbeschäftigten und sie zahlen auch weniger in die Rentenkassen. Damit wären wir beim nächsten strukturellen Problem der weiblichen Altersarmut - der Gender-Pension-Gap, übersetzt als geschlechtsabhänge Rentenlücke bekannt.
     
  3. Ab 35 öffnet sich die Rentenschere zwischen Frau und Mann. Der Staat versucht seit einigen Jahren mit der Mütterrente einen Ausgleich zu schaffen. Die Idee: Der Gesetzgeber stockt die gesetzliche Rente von Müttern, die wegen der Erziehungszeit nicht voll in die Rentenkasse einzahlen, für maximal drei Jahre auf. Für alle nach 1992 geborenen Kinder gibt es in Westdeutschland bis zu 96 Euro pro Monat pro Kind, im Osten vier Euro weniger. Wichtig: Die zusätzlichen Rentenpunkte müssen Mütter nach der Elternzeit aktiv beantragen, das erfolgt nicht automatisch.
     
  4. Ein weiterer Faktor für die weibliche Altersarmut sind alte Rollenbilder, die sich nur sehr mühsam auflösen. Viele Arbeitgeber unterstellen heute immer noch, dass Kinder haben vor allem Frauen betrifft. In Deutschland gehen tatsächlich Mütter häufiger in Elternzeit, Teilzeit und bleiben zu Hause, wenn Kinder krank sind. Das kostet Unternehmen vermeintlich Geld und ist bürokratisch aufwändig. Also werden Frauen, vorzugsweise Mütter – „schlimmstenfalls“ sogar mit mehreren Kindern – nur ungern eingestellt oder befördert.
     
  5. Karriere und damit sukzessiv steigende Einkommen sind für Frauen mit Kindern um ein Vielfaches schwerer als für ihre männlichen Kollegen. Das belegt auch eine Langzeitstudie 1. Demnach verdienen Mütter in Deutschland zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes im Schnitt 61 Prozent weniger als im letzten Jahr vor der Geburt. Das Phänomen wird auch als Motherhood-Penalty oder als Child-Penalty, also als Strafe fürs Kinderkriegen, bezeichnet. 
    Eine Studie der Bertelsmann Stiftung 2 fasst zusammen: Frauen verdienen im Laufe ihres Lebens nur halb so viel wie Männer. Eine gleichwertige Altersvorsorge durch „normale Lohnarbeit“ ist für Frauen quasi unmöglich. Man könnte auch sagen: Frauen arbeiten zwar ihr ganzes Leben, am Ende reicht´s dann aber oft nicht mal mehr dafür. Bittere Wahrheit, aber kein Grund zu verzweifeln.

Mütter kümmern sich um alles, Mütter sorgen vor

Auch wenn die finanzielle Ausganglage nicht rosig ist, können Frauen auch mit wenig Einkommen etwas für ihre Altersvorsorge tun. Wir haben ein paar Tipps zusammengestellt, damit Frauen im Alter finanziell besser abgesichert sind.

1. Finanzielle Unabhängigkeit aufbauen und halten

Wenn Frauen eins von ihren Müttern oder Großmüttern lernen können, dann ist es: Ein Mann ist keine Altersvorsorge! Und er wird es übrigens auch nicht, nur weil Frau ihn zum Vater macht. Spätestens ab dem ersten Gehalt sollten Frauen ein eigenes Girokonto haben und das auch in Partnerschaften immer behalten. Zusätzlich einen Notgroschen von drei Nettogehältern, immer verfügbar zum Beispiel auf einem Tagesgeldkonto, sind eine gute finanzielle Basis.

2. Offen über Geld, Finanzen und (Alters)Vorsorge sprechen

Redseligkeit wird oft als typische weibliche Eigenschaft wahrgenommen. Das mag sein, spätestens beim Thema Geld bleiben die meisten aber stumm. Über Geld spricht man in Deutschland nicht gern. Viele Frauen wissen nicht, was ihr Partner verdient oder ihre Freundin an monatlichem Budget zur Verfügung hat.

Wir können nur dazu ermutigen, offener zu werden, wenn es um Vermögen, Finanzen, und Altersabsicherung geht. Menschen, denen Sie vertrauen, die Sie auch sonst um Rat fragen würden, teilen bestimmt gern ihr Wissen in Bezug auf Finanzplanung und Vermögensaufbau mit Ihnen. Nicht nur Ihre Kinder werden Ihnen dankbar sein, frühzeitig einen guten Umgang mit Geld gelernt zu haben.

3. Klarheit über die Finanzen haben

Voraussetzung dafür ist ein Kassensturz. Wie viel kommt monatlich rein? Was habe ich an Ausgaben? Ein konsequent, beispielsweise über drei Monate geführtes Haushaltsbuch, bringt Klarheit in Ihr Monatsbudget.

Für Paare ist es wichtig, die Analyse gemeinsam zu machen, da es im nächsten Schritt darum geht, fair zu teilen. Fair heißt übrigens nicht automatisch 50:50. Wenn einer von beiden mehr verdient, wäre es durchaus gerecht, wenn derjenige auch mehr zahlt. Das gilt für alle gemeinsamen Kosten, zum Beispiel für die Kinder, die Wohnung, den Urlaub oder eben die private Altersvorsorge - von beiden.

4. Elternzeit finanziell planen

Spätestens wenn sich Nachwuchs ankündigt, müssen Paare über Geld sprechen. Wieviel Geld haben wir? Wieviel Geld brauchen wir? – wohlgemerkt in der Elternzeit. Die meisten jungen Familien haben erstmal weniger Geld, dafür meist höhere Kosten, zumindest so lange einer von beiden in Elternzeit ist.

Experten raten: Rechtzeitig ein finanzielles Polster für die Elternzeit anzusparen.

Was Eltern über das Elterngeld wissen müssen

  • Wer Elterngeld bezieht, hat immer eine Differenz zu seinem gewohnten Einkommen. Das Elterngeld für das erste Kind beträgt 65 Prozent des Nettoeinkommens der letzten 12 Monate und wird pauschal gekappt bei 1.800 Euro. Paare, die ihre Finanzen gut im Blick haben, können jetzt gemeinsam überlegen, an welchen Ausgaben sie sparen, um diese rund 35 Prozent aufzufangen. Übrigens, bei der Kranken­versicherung geht das schon mal nicht: Unverheiratete, freiwillig gesetzlich Versicherte müssen ihre Beiträge selbst weiterzahlen.
  • Elterngeld wird nicht direkt bei Geburt des Kindes einfach ausgezahlt. Das Beantragungsverfahren ist sehr aufwändig, mehrere Seiten lang plus diverse Anlage müssen eingereicht werden, u.a. die Geburtsurkunde des Neugeborenen. Bei manchen Standesämtern beträgt allein die Bearbeitungszeit für die Geburtsurkunde bis zu 12 Wochen. Wenn man nur die Hälfte dieses Zeitraumes danach für die Bearbeitung des Elterngeldantrages ansetzt, wird klar, dass viele Eltern in den ersten Wochen an ihre Ersparnisse müssen.
  • Elterngeld ist grundsätzlich erstmal steuerfrei, hat aber eine Steuerrelevanz, denn es unterliegt dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Das heißt, dass die Summe des Elterngeldes aus einem Kalenderjahr zur Bestimmung des Steuersatzes auf das Einkommen aufgeschlagen wird. Vor Ermittlung der tatsächlichen Steuerlast wird es wieder abgezogen. Das kann zu Nachzahlungen oder ungewohnt niedrigen Erstattungen führen – sehr ärgerlich, wenn Mama und Papa das Geld eigentlich anders verplant haben.  Mehr Infos dazu erhalten Sie bei Ihrem Steuerberater.

 

Experten raten:  Die Altersvorsorge bei der Familienplanung nicht vernachlässigen

Was viele Eltern auch nicht wissen: Während der Elternzeit, egal ob mit oder ohne Elterngeld, erfolgen keine Einzahlungen in die gesetzliche Rentenkasse.  Auch die betriebliche Altersvorsorge beim Arbeitgeber ruht in dieser Zeit meist, da kein Gehalt gezahlt wird.

Selbstverständlich steht es jedem frei, die private Altersvorsorge, die unter Umständen schon besteht, weiter zu zahlen, aber auch das Geld müssen Eltern erstmal „übrighaben“. Leider sind es auch hier meist wieder die Frauen, deren Altersvorsorge während der Elternzeit vollständig pausiert oder nur im geringen Umfang weitergeführt wird.  Bei mehreren Kindern und längerer Elternzeit potenziert sich das Problem schnell.

 

Tipps für den privaten Vermögensaufbau von Frauen, speziell Müttern

Wenn Sie die diesen Artikel bis hier gelesen haben, werden Sie inzwischen gemerkt haben: Frauen, speziell Mütter, kommen um eine selbst initiierte, gut geplante finanzielle (Alters)Absicherung nicht herum. Wir haben ein paar Tipps zusammengestellt, wie das konkret aussehen kann.

Tipp 1: Sparen von Anfang an, je früher, desto besser

Am besten Sie legen von Beginn an, d.h. vom ersten eigenen Einkommen, jeden Monat einen kleinen Beitrag zurück. Experten raten, zunächst einen Notgroschen von 3 Nettogehältern auf ein separates Tagesgeldkonto anzusparen. Dieser Notgroschen wird immer aufgefüllt, nachdem sie ihn für ungeplante Notfälle gebraucht haben. Ist das Sparschwein gut gefüllt, können Sie mit dem Vermögensaufbau starten. Anfängern empfehlen wir einen Fondssparplan, mehr dazu lesen Sie hier.

Tipp 2: Vermeiden Sie Kredite, tilgen Sie Schulden

Die Eigentumswohnung, Ausbildungen oder die berufliche Selbstständigkeit – bei manchen größeren Themen sind Kredite legitime Finanzierungsmöglichkeiten. Vergleichen Sie Angebote gut und versuchen Sie, in der anhaltenden Niedrigzinsphase die Belastungen so niedrig wie möglich zu halten. Schulden sollten schnell abgebaut werden. Prüfen Sie jedoch, ob die Anlage von möglichen Sondertilgungen zum Beispiel in einem Fondsportfolio nicht sinnvoller ist.

Experten raten: Finger weg von Konsumschulden!

Der Fernseher, der Urlaub, womöglich gar Kleidung auf Raten sind nie eine gute Idee. Überlegen Sie gut, ob Ihnen der hohe Kredit die Reise wirklich wert ist, und versuchen Sie lieber darauf, zu sparen und ein paar Monate später zu verreisen.

Tipp 3: Rentenanspruch ermitteln, Rentenbescheid kontrollieren

Informieren Sie sich rechtzeitig über die vielen Möglichkeiten der Altersvorsorge. Auf der Seite der Deutschen Renten­versicherung gibt es einen Online-Rechner 3, mit dem Sie jederzeit Ihren aktuellen Rentenanspruch ermitteln können.

Gut zu wissen: Arbeitnehmer bekommen jährlich Post von der Deutschen Renten­versicherung, die sogenannte Renteninformation. Sehen Sie sich die immer gut an, prüfen Sie die Angaben – zum Beispiel die Angaben zu den Erziehungszeiten. Legen Sie die Information anschließend gut ab, am besten in einem eigenen Ordner für Ihre Rente. 

Tipp 4: Investieren Sie an der Börse

Niedrigzins, Negativzins und Inflation gehen zu Lasten Ihrer Ersparnisse. Der derzeit attraktivste Anlageweg mit Renditeaussichten führt zwangsläufig an die Börse. Sie müssen kein Profi sein und auch kein großes Kapital mitbringen, um privat ein Vermögen aufzubauen. Sparpläne sind bereits ab 50 EUR im Monat möglich. Je früher Sie mit dem Investieren beginnen, desto erfolgreicher sind Ihre Kapitalanlagen in der Regel. Mehr Tipps für Einsteiger am Parkett haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Quellen

1) Die Studie Child Penalties Across Countries: Evidence and Explanations wurde unter der Leitung von Henrik Kleven kann hier heruntergeladen werden, Stand 24.09.2021.

2) Der komplette Artikel kann hier kostenfrei herunter geladen werden, Stand 24.09.2021.

3) Der Online Rechner der Deutschen Renten­versicherung kann hier aufgerufen werden, Stand 24.09.2021.

Über die Autorin

Content Creator
Stefanie Haermeyer

Ursprünglich wollte sie nur eine solide Ausbildung im Bereich Versicherungen & Finanzen absolvieren und dann weiter sehen. Mittlerweile ist Stefanie Haermeyer seit über 20 Jahren im Finanz-Marketing und ist bei der SIGNAL IDUNA Asset Management vorwiegend in der Redaktion und der Pressearbeit tätig. Ihre Botschaft an die Leser: Dass Frau nachts besser schläft, wenn sie ihre Finanzen im Blick hat.

Stefanie Haermeyer